Hier gibt es immer wieder Verwirrungen: Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden (vgl. § 32 Abs. 2 StGB).
Wesentlich ist, dass der Angriff gegenwärtig und rechtswidrig ist. Ein Angriff ist gegenwärtig, wenn die Bedrohung unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch andauert. Maßstab für das “unmittelbare Bevorstehen” ist die Wertung des § 22 StGB. Rechtswidrig ist ein Angriff dann, wenn er beispielsweise eines der unter § 34 StGB aufgeführten Rechtsgüter (Leben, Leib, Freiheit, Eigentum, Ehre) verletzt. In der Regel sind Angriffe auf Rechtsgüter der Allgemeinheit nicht notwehrfähig, denn die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ist allein Aufgabe der zuständigen staatlichen Organe (staatliches Gewaltmonopol).
Prinzipiell berechtigt Notwehr nur zur solchen Verteidigungmaßnahmen, die geeignet sind, den Angriff sicher und endgültig zu beenden. Dabei ist das relativ mildeste Mittel zu wählen. Wichtig ist, dass man sich auf Risiken bei der Verteidigung nicht einlassen braucht und ebenso wenig eine Flucht in Betracht kommt, da das Recht dem Unrecht nicht weichen muss. Eine Abwägung der widerstreitenden Rechtsgüter findet bei Notwehr nicht statt. Das heißt, der in Notwehr Handelnde muss keine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchführen.
Zum Beispiel muss niemand eine Körperverletzung hinnehmen, falls diese nur durch eine tödliche Abwehrhandlung zu verhindern ist. Ausnahmen hiervon gelten bei krassen Missverhältnissen – ein bekanntes Beispiel ist der Obstdiebstahl, der nicht mit tödlichem Schusswaffengebrauch vereitelt werden darf. Aber bereits der Diebstahl mittelwertiger Gegenstände darf nach herrschender Meinung mit einer tödlichen Abwehrhandlung vereitelt werden, sofern mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen.
Ein Beispiel: Wenn ein Einbrecher das Diebesgut auf der Flucht noch in der Tasche hat, kann man auch tödliche Gewalt mit Schusswaffen anwenden: Eigentum ist Notwehrfähig, und der Angriff dauert noch an. Lässt er seine Beute dagegen fallen und flüchtet, ist auch keine Notwehr mehr gegeben, denn der Angriff wurde durch den Einbrecher beendet.
Wichtig bei Notwehr ist, dass der Angriff von einem Menschen ausgehen muss. Ist der Angriff gegen eine dritte Person gerichtet, spricht man von Nothilfe. Hier werden dieselben Bewertungsmaßstäbe wie bei der Notwehr angelegt.
Geht der rechtswidrige Angriff dagegen nicht von einem Menschen, sondern von einer Sache aus (z.B. ein tollwütiges Tier, ein Kampfhund, ein Auto mit defekten Bremsen usw.), so fallen Maßnahmen gegen den Angriff unter den Notstand (§ 34 StGB).
Im Prinzip gelten hierfür dieselben Voraussetzungen wie für die Notwehr auch. Allerdings sind hier wesentlich strengere Kriterien anzulegen. Der wichtigste Unterschied zur Notwehr ist jedoch, dass vor einer Notstandshandlung eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter stattfinden muss. Die Notstandshandlung muss das relativ mildeste Mittel, die Gefahr nicht anders abwendbar und das gewählte Mittel muss angemessen sein.
Abschließend noch ein persönlicher Hinweis bezüglich Hilfe für Dritte: Politniks fordern regelmäßig Zivilcourage – vor allem dann, wenn ein Mitglied irgendeiner Minderheit einer Gewalttat zum Opfer gefallen ist. Es ist aber sehr dumm, die Empfehlung großmäuliger Politiker hier ernst zu nehmen. Zum einen wird man unbewaffnet regelmäßig Chancenlos sein. Zum anderen sind aber gerade die (legalen!) Waffenbesitzer von den juristischen Konsequenzen besonders bedroht: Nach der Notwehrhandlung erfolgt (berechtigterweise) ein Gerichtsprozess, und die Richter haben Monate Zeit, all das zu entscheiden, was man in der Notwehrsituation in Sekunden abwägen musste. Dazu kommen, gerade wenn man Dritten hilft, falsche Zeugenaussagen. Das klassische Beispiel ist die von ihrem Macker bedrohte Frau: Sie steht so unter Druck, dass sie vor Gericht aussagen wird, dass eigentlich gar nichts passiert und ihr Mann der brävste Mensch auf Gottes Erdboden ist. Desweiteren ist, beispielsweise bei einem Angriff einer radikalen Gruppe, mit Gefälligkeitsaussagen von Freunden des abgewehrten Angreifers zu rechnen. Dann steht man vor Gericht auf einmal als Agressor da!
In einem Land, wo dann ein alt-68er Richter hinterher sagt, was man alles vorher hätte wissen müssen und was am gewählten Verhalten unverhältnismäßig war, würde ich mich daher nicht nach dem Geschwätz von Leuten richten, deren einzige Zivilcourage darin besteht, sich in gepanzerten Dienstwagen durch die Gegend fahren zu lassen.
Ein Polizist hat mir einmal folgende Ratschläge gegeben:
- Wenn man nicht selber betroffen ist: So schnell wie möglich abhauen!
- Falls man selbst betroffen ist: Wenn möglich so schnell wie möglich abhauen!
- Falls man nicht (mehr) abhauen kann: Dafür sorgen, dass keine Zeugen übrig bleiben.
- Dann so schnell wie möglich versuchen, unerkannt vom Ort des Geschehens zu verschwinden.
Make your choice.